Das Festjahr "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" macht unter anderem auf besondere Feiertage des Christentums und des Judentums aufmerksam. Und zwar mithilfe der deutschlandweiten, ökumenischen Aktion "#beziehungsweise: jüdisch und christlich - näher als du denkst". Sie regt dazu an, die Verbundenheit der beiden Religionen in den Blick zu nehmen.
#beziehungsweise
jüdisch und christlich - näher als man denkt
Wundervoll
Während Chanukka wird jeden Tag eine Kerze mehr am Leuchter angezündet. Licht in der Dunkelheit erinnert an das Licht-Wunder im Jerusalemer Tempel. In der dunklen Jahreszeit feiern Christinnen und Christen die Geburt Jesu, der als Licht in die Welt kommt. Gott zeigt sich in den Wundern des Lebens. Hoffnung, die immer wieder neu entzündet wird!
Acht Tage lang wird das jüdische Lichterfest begangen, das an den Aufstand der Makkabäer gegen die Griechen im 2. Jahrhundert v.d.Z. erinnert. Nach schweren Kämpfen wurde der geschändete Jerusalemer Tempel erobert und wieder eingeweiht. Ein kleines Ölkrüglein reichte wundersam aus, um den Leuchter acht Tage lang am Brennen zu halten. Darum zünden Jüdinnen und Juden an der achtarmigen Chanukkiah jeden Tag ein Licht mehr an, bis am achten Tag alle acht Kerzen brennen. Die wachsende Kraft des Lichts strahlt Hoffnung aus und lässt die Dunkelheit weichen.
Chanukka ist ein Fest der kulturellen Selbstbehauptung. Beim abendlichen Lichterzünden versammeln sich Familie und Freunde; sie stellen die Chanukka-Leuchter ins Fenster, um der Welt von Gottes Wundern zu erzählen. Singen, spielen, Geschenke für die Kinder und in Öl gebackene Köstlichkeiten wie Latkes und Pfannkuchen machen jeden Abend zu einem Fest.
Erinnern für die Zukunft
Die biblische Aufforderung "Sachor" bedeutet "erinnere dich". Am 9. November gedenken Christinnen und Christen der Pogrome von 1938, Jüdinnen und Juden gedenken am Jom HaSchoah der Ermordeten. Wir brauchen die Erinnerung an das Unrecht, um Zukunft zu gestalten – ohne Antisemitismus. Geh denken!
Brennende Synagogen, zerstörte Einrichtungen, Morde und Massenverhaftungen – die Reichspogromnacht des 9. November 1938 war ein Wendepunkt in der deutsch-jüdischen Geschichte. In der Erinnerungskultur jüdischer Gemeinden hierzulande ist dieses Datum zentral. Sachor, Erinnern und Gedenken, gehört zum Kern des Judentums und drückt sich in charakteristischen liturgischen Praktiken aus. Klagelieder und Gebete wie Kaddisch und El Malé Rachamim sind jahrhundertealte Ausdrucksformen von Trauer und Gedenken, die weiterhin benutzt werden, ohne damit der Schoah eine religiöse Deutung beizulegen.
Daneben bezieht jüdische Erinnerungskultur heute eine Vielfalt anderer Formen ein, wie Zeitzeugenberichte, Kunstwerke, Namenslesungen. Auch unterschiedliche biografische Zugänge wirken sich auf die Gestaltung des Erinnerns aus: Überlebende gedenken anders als die Generation ihrer Enkel, aus der früheren Sowjetunion zugewanderte Juden bringen wieder andere Narrative mit. Einig sind sich alle darin, das "Sachor!" fortzutragen und lebendig zu halten.
Auszeit vom Alltag
Schabbat und Sonntag: Ein Vorgeschmack auf das Reich Gottes, ein Recht auf Ruhe für Mensch, Tier und Pflanze: Für Momente des Friedens und des Glücks. Keine Ausbeutung: Leben ist nicht verfügbar. Gut für die Seele, gut für die Welt!
Im Judentum ist der Höhepunkt jeder Woche der Schabbat, der siebente Schöpfungstag. Die Juden und Jüdinnen lassen ab Freitagabend all ihre Arbeiten ruhen und widmen sich einen Tag lang anderen Dingen, für die sonst wenig Zeit bleibt: Familie, Freunde, Torahstudium, Gottesdienst und Geselligkeit in der Synagoge, Ausruhen und Auftanken. Rituale in der Synagoge und gemeinsame Schabbat-Mahlzeiten prägen den Tag bis Samstagabend.
Auf dem beiliegenden Bild ist der Eingangsbereich der ehemaligen Synagoge in Kitzingen zu sehen. Heute wird sie nicht mehr für Gottesdienste genutzt, sondern dient als Erinnerung. Aber auch für Vorträge und Veranstaltungen werden manche Räume gerne genutzt. Übrigens: In Unterfranken gab es vor 1930 über 100 jüdische Gemeinden mit Synagogen. Mehr dazu im: Synagogen-Gedenkband Bayern.
Beim Namen gerufen
Namensgebung im Judentum: Ein Zeichen des Bundes. Für Jungen die Beschneidung am 8. Tag. Mädchen erhalten ihren Namen in der Woche nach ihrer Geburt, wenn ihr Vater in der Synagoge zur Thoralesung aufgerufen wird.
Namenstag vor allem im katholischen Christentum: Das Fest des Namenspatrons. Mit der Taufe nach einem heiligen Menschen benannt sein. Der Bund Gottes verbindet die Generationen. Kind Gottes sein!
Der Name spielt im Judentum eine besondere Rolle, denn er ist Ausdruck der Zugehörigkeit eines Individuums zu Familien- und Gemeindetraditionen. Außerdem hegen Eltern die Hoffnung, dass sie ihrem Kind mit einem wohlklingenden, beziehungsreichen Namen ein positives Vorzeichen auf seinen Lebensweg mitgeben. Übrigens haben viele neben ihrem jüdischen Namen noch einen „bürgerlichen“ Namen, der ihr offizieller Rufname ist. Der volle hebräische Name wird vor allem für religiöse Zwecke gebraucht, zum Beispiel zur Aufrufung zur Thoralesung in der Synagoge, bei der Hochzeitsverschreibung oder auf dem Grabstein. Zusammensetzung des Namens bei männlichen Kindern: Name (z.B. Josef) ben (=Sohn des) Name des Vaters. Also zum Beispiel „Josef ben David“ (Josef, der Sohn des David).
Die Namensgebung und der Namenstag stehen dafür, dass wir gesegnet sind vom HERRN her. Wir sind in eine Gemeinschaft mit Ihm, mit den Menschen und mit unserer Umwelt eingebunden und sollen selbst Segen sein. Das feiern Jüdinnen und Juden bei der Namensgebung. Das feiern Christinnen und Christen bei der Taufe und am Namenstag.
Freude am Erwachsenwerden
Für Jugendliche stehen im Judentum und im Christentum zwei ganz besondere Feste an, denn es gilt: Verantwortung übernehmen, erwachsen werden. Traditionen neu mit Leben füllen, Glauben feiern: In der Synagoge mit der Bar*Bat-Mizwa, in der Kirche mit der Firmung. Für alle Generationen ein Fest!
Im Judentum gelten Mädchen mit 12 und Jungen mit 13 Jahren als erwachsen. Das heißt, sie sind in der Lage, Verantwortung für das eigene religiöse Leben und für die Erfüllung der Gebote vor Gott und den Menschen zu übernehmen. Von diesem Zeitpunkt an werden sie als "Bar Mitzwah" bzw. "Bat Mitzwah", als "Sohn/Tochter der Verpflichtung", betrachtet und sind selbst verantwortlich für das Halten der Gebote. Im Gottesdienst legen sie zum ersten Mal ihren Tallit (Gebetsmantel) an und tragen den Wochenabschnitt der Torah ganz oder teilweise vor, meist in der traditionellen musikalischen Rezitationsweise. Nach dem Fest in der Gemeinde wird - wie auch nach der Firmung - im Kreis der Familie zuhause weitergefeiert.
Spirit bewegt
Mitte Mai ging es im Judentum und im Christentum um Spirit, der bewegt: Nämlich um die Festtage Schawuot und Pfingsten. Schawuot feiert den lebensstiftenden Geist der Zehn Gebote, Pfingsten die Geistkraft Gottes, die Mutlose bewegt. Orientierung und Inspiration: Gestalten und mutig voranschreiten!
An Schawuot, fünfzig Tage nach Pessach, feiert die jüdische Gemeinschaft die Gabe der Tora und der Gebote an Mose am Sinai. Dazu wird die Synagoge geschmückt und gemeinsam die Tora studiert. Dieses Jahr war das Fest nur unter Corona-Einschränkungen möglich.
Ansehen kann man sich die hebräische Bibel zum Beispiel im Museum des jüdischen Gemeinde- und Kulturzentrums "Shalom Europa" in Würzburg.
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Bischöfliches Ordinariat der Diözese Würzburg